Von Parviz Amoghli
Es ist wohl der Kakophonie des bunten Niedergangs geschuldet, dass die wirklich wichtigen Nachrichten für Deutschland in dem Wust zeitgenössischer Unsinnigkeiten und Nichtigkeiten untergehen.
Aktuell betrifft das eine Meldung, die uns vor ein paar Tagen aus dem Niger erreichte. Demnach kündigte der neue Machthaber des Nigers, General Abdourahmane Tchiani, an, das vor rund acht Jahren auf Druck der EU erlassene Anti-Migrationsgesetz aufzuheben. Das heißt: Künftig wird die Schleusung illegaler Migranten nicht mehr unter Strafe stehen. Die Auswirkungen dieser Entscheidung wird absehbar für Europa, insbesondere aber für Deutschland katastrophale Folgen haben.
Warum, verrät ein Blick auf die Landkarte. Niger bildete bislang zusammen mit Mali und dem Tschad eine Art Sperrriegel gegen die Migration aus dem Süden Afrikas in den Norden, nach Algerien und vor allem nach Libyen, von wo aus sich derzeit die meisten illegalen Migranten auf den Weg nach Europa machen. Damit ist es nun vorbei. Der Niger wird sich mutmaßlich zu einer sicheren Basis für Schleuser entwickeln, von der aus diese fortan ungehindert und gefahrlos ihrem Geschäft nachgehen können.
Um die Entscheidung der nigrischen Führung zu verstehen, müssen wir in den Sommer dieses Jahres zurückgehen. Im Juli stürzte eine Gruppe Militärs rund um den ehemaligen Fremdenlegionär und heutigen General Tchinai den von der EU unterstützten Präsidenten Mohamed Bazoum. Es war der nach Mali und Burkina Faso dritte antiwestliche Staatsstreich binnen weniger Monate in der Region.
Die Reaktionen des Westens ließen nicht lange auf sich warten. Sie reichten von der sofortigen Einstellung von Hilfs- und Entwicklungsprogrammen bis hin zur Drohung Macrons und der als verlängerter Arm Europas geltenden westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS, militärisch einzugreifen.
Die Schärfe, mit der der Westen auf den Umsturz reagiert, lässt sich unter anderem durch die Rolle Moskaus erklären. Zwar verurteilt Russland ebenfalls den Staatsstreich und fordert die Wiedereinsetzung des alten Präsidenten, gleichzeitig aber ist es so etwas wie die Schutzmacht der neuen Machthaber in Niamey. Was sich einerseits in den Parolen und vielen russischen Fahnen zeigt, unter denen die Anhänger der neuen Machthaber ihre Freude über den Umsturz auf die Straße tragen. Andererseits gilt es als sicher, dass die neue nigrische Regierung die Wagner-Gruppe um Unterstützung gebeten hat.
Ungeachtet dessen sucht Tchiani zeitgleich die Nähe zu den anderen beiden, ebenfalls antiwestlich ausgerichteten Putschregimen in Mali und Burkina Faso. Mit dem Ergebnis eines Dreierbündnisses zum Zwecke der Abwehr jeglicher Einmischung von außen.
Angesichts dieser Entschlossenheit knickt der Westen samt ECOWAS ein. Frankreich zieht die restlichen, in der Region stationierten 1500 bis 2000 Soldaten ab, während die ECOWAS ein gestelltes Ultimatum folgenlos verstreichen lässt. Seither sind die Fronten verhärtet. Das zeigt nicht zuletzt eine Erklärung des Europäischen Parlaments vom 23. November, in dem die Aussetzung aller Hilfs- und Entwicklungsprogramme für das bitterarme Land bekräftigt und der Umsturz erneut „aufs Schärfste“ verurteilt wird.
Damit sind wir wieder bei der Entscheidung der neuen nigrischen Machthaber angelangt, das Anti-Migrationsgesetz der Vorgängerregierung aufzuheben. Es ist dies die Antwort Tchianis auf die Weigerung der EU, die neue Regierung in Niger anzuerkennen.
Dass sich die Verantwortlichen in Brüssel, Paris und Berlin besinnen, über ihren Schatten springen und mit diplomatischen sowie finanziellen Mitteln versuchen werden, die Lage zu entspannen, ist indes nicht zu erwarten. Jedenfalls nicht von Politikern wie Annalena Baerbock, deren außenpolitische Kompetenz sich in der Empfehlung für Afrikaner erschöpft, ihr stilles Örtchen nicht am Rande, sondern mitten in ihrem Dorf zu errichten.
Und so zeichnet sich heute, da nun der Weg für Hunderttausende, wenn nicht Millionen Migranten aus dem südlichen Afrika zum Mittelmeer frei ist, bereits die nächste gigantische Flüchtlingswelle ab, die sich nach Europa ergießen wird. Was das für Deutschlands Zukunft bedeutet, lässt sich unschwer vorausahnen.
Einen Kommentar schreiben
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen. Aufgrund von zunehmendem SPAM ist eine Anmeldung erforderlich. Wir bitten dies zu entschuldigen.
Zur Anmeldung
Kommentare
melden
Kommentar von Bernhard Rossi
Einige Aussagen des Gastbeitrages kann ich nicht teilen. Das Drohen mit einer Migrantenflut entspricht so nicht den Tatsachen. Diese Länder benötigen gerade die Fachkräfte im Lande selbst, um das Land zu entwickeln! Mit Entwicklungshilfen aus Europa und China!
melden
Kommentar von Inge H.
Ich weiß nicht, wozu es in speziell diesem Fall "diplomatische" und - wieder einmal mehr- "finanzielle" Mittel braucht. Sämtliche Geldleistungen eingestellt und aus die Maus. Dann wollen wir mal sehen, wer noch nach Deutschland will.
Schließe mich im übrigen vollumfänglich dem Kommentar von @StefanH an.
melden
Kommentar von Hans-Joachim Gille
Der Deutsche Wähler hat es so gewollt. Er wählte seit 2005 woke Holzköpfe in die Regierung. Wir hatten es 2011 versäumt, Sarkozy am Angriff auf Libyen zu hindern. Achso, der Franzmann bedroht uns immer noch mit seiner Force de Frappe. Hatte aber Meloni nie daran gehindert ihren speziellen Freund Macron an den Pranger zu stellen. Die Franzmänner ließen sich den Schutz der schutzbefohlenen Regierungen Afrikas durch die Fremdenlegion mit dem halben BSP/GDP dieser Staaten bezahlen. Wagner macht das sicher billiger & effizienter. Wenn die Ruskies die Sicherheit im Griff haben, kommen vielleicht auch die Chinesen mit echten Infrastruktur-Projekten, anstatt, wie die EU die Küchenabfälle & Elektroschrott nach Afrika zu exportieren, wie die afrikanischen Küsten leerzufischen. Mit Erlaubnis der Redaktion, hier Meloni in Action https://youtu.be/q-C8ogD6E8c
melden
Kommentar von F. Lo
Aus dem muslimischen Niger kommt – ggf. – sicherlich weitere große Armutszuwanderung. Laut Plan International hat Niger „die niedrigste Alphabetisierungsrate weltweit“, nämlich 19,1 Prozent, Wikipedia spricht von 37 Prozent, auch nicht beeindruckend. (Das BAMF hat extra Asylanträge für Analphabeten.) Die Geburtenziffer beziffert das Statistische Bundesamt mit 6,74 Kindern pro Frau.
melden
Kommentar von StefanH
Ist doch ganz einfach zu lösen: Entwicklungshilfe komplett streichen, trifft eh nur die Reichen, Geldzuwendungen an sogenannte "Flüchtlinge" streichen, Schießbefehl an der Grenze. Fertig ist die Laube und endlich Ruhe. Irgendwelches Menschenrechtsgedöns interessiert mich nicht die Bohne, interessiert diese Länder schließlich auch nicht.
melden
Kommentar von Peter Herrmann
In der Migrationspolitik war schon immer ein großer Denkfehler. Wie soll Niger oder Mali Durchreisende mit gültigen Papieren stoppen? Das wäre ungesetzliche Willkür. Fast alle Bewohner westafrikanischer Staaten reisen mit normalen öffentlichen Verkehrsmitteln durch die Sahel-Länder. Die Reisenden werfen ihre Ausweise erst kurz vor Eintreffen in Europa weg. Denn sieh da, in Afrika gibt es Personalausweise und Reispässe. In Mali wurde die "Flucht"-Route nach Marokko von deutschem Militär gesichert. Die Libyen-Route wurde von der Nato freigebombt. Die knappe Milliarde die Frau Merkel im Niger liegen ließ, diente zu einem Teil der Sicherung der Strecke. Das deutsche Militär im Niger soll, sehr verkürzt, die gescheiterte grüne Wasserstoffroute sichern. Siehe: Kampftaucher im trockensten Land der Erde, um die Milliarden Liter Wasser aus dem Fluss Niger für die Herstellung zu sichern, die den Bauern fehlen würden. Ein großer Teil dieser Gelder floß in Richtung Boko Haram . Hier heißt das Stichwort Spritschmuggel. Das ist, wie üblich, alles ein bißchen anders als die Infos aus dem Ministerium für Propaganda und Agitation.
melden
Kommentar von Red Marut Jr.
... und so lasst uns jeden Tag in Frieden geniessen der uns bleibt.